Stein aus Licht. Kristallvisionen in der Kunst

Hans Scharoun Die zu- und abgekehrten Prinzipien der Baukunst, 1919-1921 Aquarell auf Papier, 50,5 x 35,4 cm Akademie der Künste, Hans-Scharoun- Archiv © 2015, ProLitteris, Zürich

Hans Scharoun, Die zu- und abgekehrten Prinzipien der Baukunst, 1919-1921
Aquarell auf Papier, 50,5 x 35,4 cm
Akademie der Künste, Hans-Scharoun-Archiv
© 2015, ProLitteris, Zürich

Der Kristall als rational erfahrbare Idealform und doch geheimnisvolles, alchemistisches Wundergebilde ist spätestens seit der Romantik eine zentrale Inspirationsquelle für künstlerisches Schaffen – sei es als formales Gerüst, nach dem sich Kunstwerke gestalten lassen, oder als Symbol: Der Kristall ist selten, er ist kostbar und er ist schwierig zu bergen. Ganz aus Materie, aus hartem, kalten Stein, strahlt der Kristall in einem geradezu überirdischen Licht. Die Ausstellung Stein aus Licht. Kristallvisionen in der Kunst wirft durch verschiedene Epochen der Kunst einen Blick auf den Kristall.

Die Romantik entdeckte in Felsen oder Eismassen das kristalline Ordnungsprinzip einer neuen Ästhetik: neben das lieblich Schöne trat das majestätisch Erhabene der Bergwelt. Bruno Taut und andere Architekten der Moderne übertragen die utopische Idee des gotischen Lichtdoms aus der Romantik in die Moderne. Vor allem für Maler wie Lyonel Feininger, Paul Klee oder Fritz Winter wird der Kristall dann zu einer Matrix, die das Gerüst ihrer neuen Malerei bildet. Indem sie ihre Werke gleichsam kristallisieren, lösen sie sich von überholten Vorstellungen realistischer Kunst und treffen tiefere Aussagen über die Natur der Dinge.

In der Moderne finden Künstler neue Interpretationen für den Kristall. Für Joseph Beuys gilt er etwa als Kältepol analytischen Denkens, der durch soziales Handeln erwärmt werden muss. Durch Wasser erweckt der Kristallbrunnen Meret Oppenheims starre Formen zum Leben. Die Schönheit im Inneren der „Steine aus Licht“ macht Robert Zandvliet in seiner grossformatigen Malerei sichtbar. Kristall- und Pflanzenwachstum werden schliesslich in den Installationen des Künstlerduos Steiner & Lenzlinger gleichgesetzt, indem sie in der Ausstellung Harnstoffkristalle, die Grundlage unseres Kunstdüngers in der Landwirtschaft, wuchern lassen.

Mit Stein aus Licht. Kristallvisionen in der Kunst setzt das Kunstmuseum Bern seine Tradition von Themenausstellungen wie Six feet under, Lust und Laster oder Das schwache Geschlecht fort.

Mit Werken von: Marina Abramović, Johann Jakob Biedermann, Georges Braque, Joseph Beuys, Alexandre Calame, Carl Gustav Carus, Alfred Ehrhardt, Lyonel Feininger, Caspar David Friedrich, Bernard Frize, Augusto Giacometti, Max Gubler, Wenzel Hablik, Adolf Hölzel, Paul Klee, Franz Niklaus König, Richard Paul Lohse, Franz Marc, Michail Matjuschin, Gabriel Loppé, Gabriel Lory, Meret Oppenheim, Thomas Ruff, Hans Scharoun, Yutaka Sone, Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger, Bruno Taut, Fritz Winter, Caspar Wolf, Robert Zandvliet

Kurator: Dr. Daniel Spanke
 
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog:
Stein aus Licht. Kristallvisionen in der Kunst.
Hrsg. Kunstmuseum Bern, Matthias Frehner und Daniel Spanke.
Mit Beiträgen von Johannes Grave, Verena Kuni, Bernd Nicolai, Regine Prange, Jörg Richter und Daniel Spanke.
Gebunden, 224 Seiten, ca. 120 Abbildungen.
Kerber Verlag, Bielefeld. ISBN 978-3-7356-0071-4.
Museumspreis CHF 49.00.
 
www.kunstmuseumbern.ch