Offener Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Leverkusen
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Richrath,
einer Fülle von Presseveröffentlichungen entnehme ich, dass in der Stadt Leverkusen ein Papier der Unternehmensberatung KPMG diskutiert wird, das eine Schließung des Museum Morsbroich und einen Verkauf seiner Sammlung vorschlägt.
Dieser Vorschlag ist erschreckend!
Das Museum Morsbroich ist eine hoch angesehene Institution. Seine vorbildliche Arbeit wird weit über die Grenzen des Landes hinaus wahrgenommen und geschätzt. Eine öffentliche Sammlung ist keine Geldanlage, die je nach Kassenlage geplündert werden kann. Sie ist ein Stück Kunstgeschichte und repräsentiert das Gedächtnis ihrer Träger.
Im Jahr 2009 haben wir gemeinsam eine große Ausstellung meiner übermalten Fotografien veranstaltet. Von meiner Hand befinden sich zwei wichtige Gemälde und zahlreiche Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken im Haus. Sie wurden von mir oder von anderen dem Museum überlassen, weil wir davon ausgegangen sind, dass auch in Leverkusen Museumsbesitz als Erbe und Gedächtnis einer Kommune geschützt ist. Es gibt verbindliche internationale Konventionen, die die Bürger vor solchen Übergriffen bewahren sollen.
Ich protestiere daher gegen die Pläne zur Schließung des Museums und zum Verkauf seiner Sammlung. Bitte weisen Sie diese Überlegungen als Oberbürgermeister der Stadt Leverkusen unmissverständlich zurück. Ich würde mich freuen, auch zukünftig noch einen guten Grund zu haben, nach Leverkusen zu fahren.
Hochachtungsvoll,
Prof. Gerhard Richter