(Re-)Constructing Authorship

Das kontinentaleuropäische Konzept der Autorschaft als Schöpfung literarischer oder künstlerischer Werke und dem damit verbundenen Anspruch auf geistiges Eigentum hat seinen Ursprung im England des frühen 18. Jahrhunderts und der französischen Revolution. Seitdem wird der Autor nicht mehr als nur einer unter zahlreichen anderen Handwerkern betrachtet, der an der Schaffung eines Werks beteiligt ist: Mit der autonomen Erschaffung von Ideen und Texten kam dem Autor eine besondere Funktion im Produktionsprozess zu. Der Originalitätsstatus fungierte seither als Grundlage legislativer Maßnahmen zum Schutz autorschaftlicher Leistung, die sowohl eine Deformierung der Werke als auch deren wirtschaftliche Ausbeutung verhindern sollte.

Was damals durch die Einführung eines geistigen Eigentumsrechts, dem Urheberrecht, zu schützen versucht wurde, gerät heute jedoch zusehends ins Wanken. Die technischen Entwicklungen des World Wide Web und der neuen Medien haben grundlegende Auswirkungen auf unser Verständnis von Autorschaft. In seinen theoretischen Grundlagen kommt dieses neue Verständnis den strukturalistischen Theorien sehr nahe, die sowohl die Zitierbarkeit des Textes als auch den konstituierenden Anteil der Interpretation betonten und damit die Auflösung der Einheit von Autor und Werk forderten. Gleichzeitig sehen sich heutige Konzepte von Autorschaft noch immer mit den legislativen Grundideen des 18. Jahrhunderts konfrontiert, welche zwangsläufig mit den Grundsätzen der Netzwerkgesellschaft kollidieren, die auf der Utopie von Autonomie, Kooperation und gemeinsamer Wissensproduktion basiert.

»(Re-)Constructing Authorship« ist der erste Teil einer Reihe von drei Symposien, die sich dem Thema der Autorschaft im Dialog zwischen verschiedenen künstlerischen Disziplinen, Philosophie, Rechts-, Computer- und Sozialwissenschaften widmen. Der Fokus der Veranstaltung liegt auf den unterschiedlichen Kulturen der Autorschaft in den Künsten, den Geistes- und Sozialwissenschaften, wie auch den Naturwissenschaften, mit ihren eigenen Formen individueller und kollektiver Autorschaft. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Veränderung des Autor- und Leserbegriffs durch die digitalen Technologien und die damit verbundene Demokratisierung der Verwertbarkeit von Wissen und Information: Wie lässt sich die Debatte um das Urheberrecht durch die Möglichkeiten der digitalen Medien konstruktiv weiterentwickeln? Und wie kann das Innovationspotential des Internets als Zugang zu Wissen und der Möglichkeit, dass jeder an der Entwicklung von Wissen beteiligt sein kann, für alle demokratisch und fair umgesetzt werden?

Akademie Schloss Solitude, Foto © Frank Kleinbach

Akademie Schloss Solitude, Foto © Frank Kleinbach

Akademie Schloss Solitude
Solitude 3
70197 Stuttgart

Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt. Der Eintritt ist frei.
Unkostenbeitrag für Verpflegung 30 Euro/15 Euro für Studierende.
Anmeldung bis zum 16.10.2015 per E-Mail an Mira Witte: mw@akademie-solitude.de

www.akademie-solitude.de

Programm

Donnerstag, 22. Oktober 2015

20.00 Uhr | The Concept of the Author: Historical and Theoretical Introduction
Martha Woodmansee, Felix Stalder

Freitag, 23. Oktober 2015

10.00 Uhr | Workshop mit The Darmstadt Delegation
13.00 Uhr | Mittagessen
14.00 Uhr | Modes of Production after the Computational Turn I
The Darmstadt Delegation (Femke Snelting/Seda Gürses/Jara Rocha/Miriyam Asfar)
15.00 Uhr | Kaffeepause
15.15 Uhr | Modes of Production after the Computational Turn II
Sebastian Lütgert, Andrew Norman Wilson
16.15 Uhr | Kaffeepause
16.30 Uhr | Authorship and Techniques of Sampling
Reading/Sound-Performance von Thomas Meinecke, Kinga Tóth
19.00 Uhr | Abendessen
20.00 Uhr | Not So Happy Together
Performance von Anna Gschnitzer, Nikolaos Eleftheriadis

Samstag, 24. Oktober 2015

10.00 Uhr | Workshop mit Sebastian Lütgert
13.00 Uhr | Mittagessen
14.00 Uhr | The Relation of Authorship to Ownership
Podiumsdiskussion mit Roberto Yanguas GómezAntoine Conjard, Till Kreutzer
15.30 Uhr | Kaffeepause
15.45 Uhr | The Ethics of Authorship
Podiumsdiskussion mit Philipp Kleinmichel, Antoinette Rouvroy, Tomislav Medak, Gal Kirn

Mit Beiträgen von:

Antoine Conjard, Direktor Hexagone Scène Nationale Arts Sciences, Meylan/Frankreich; The Darmstadt Delegation (Femke Snelting, Seda Gürses, Jara Rocha, Miriyam Asfar), Theoretikerinnen, Praktikerinnen und Aktivistinnen, BE, ES, GB, NL, TR, USA; Nikolaos Eleftheriadis, Schauspieler, Stuttgart/Deutschland; Roberto Yanguas Gomez, Spezialist für geistiges Eigentum bei Facebook, Dublin/Irland; Anna Gschnitzer, Theaterautorin, Wien/Österreich; Sebastian Lütgert, Netzaktivist und Medienkünstler, Berlin/Deutschland; Gal Kirn, Philosoph, Berlin/Deutschland und Ljubljana/Slowenien; Philipp Kleinmichel, Philosoph, Berlin/Deutschland; Till Kreutzer, Rechtsanwalt, Berlin/Deutschland; Tomislav Medak, digitaler Bibliothekar, Zagreb/Kroatien; Thomas Meinecke, Author und Musiker, Berg/Deutschland; Antoinette Rouvroy, Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Fonds de la Recherche Scientifique (FNRS), Fakultät für Recht, Universität Namur, Namur/Belgien; Felix Stalder, Professor für digitale Kultur und Netzwerktheorie, Zürich/Schweiz; Kinga Tóth, (Klang-)Poet-Illustratorin, Sárvár/Hungary; Andrew Norman Wilson, Künstler, New York, NY/USA; Martha Woodmansee, Professorin für Englisch und Recht, Cleveland, Ohio/USA

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Programms art, science & business der Akademie Schloss Solitude sowie des Kreativitäts- und Innovationsrings Baden-Württemberg statt. Das Projekt wird gefördert vom Innovationsfonds Kunst des Landes Baden-Württemberg.