Sensing the Future.
László Moholy-Nagy, die Medien und die Künste

Die vielschichtige Medienkunst des Konstruktivisten und Bauhaus-Lehrers László Moholy-Nagy (1895–1946) zeigt das Bauhaus-Archiv vom 08. Oktober 2014 bis zum 12. Januar 2015 bei Sensing the Future: László Moholy-Nagy, die Medien und die Künste. Als Pionier einer multimedialen und konzeptionellen Kunst war Moholy-Nagy einer der einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts.

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Neben seinen Arbeiten aus den 1920er bis 1940er Jahren werden Werke von Gegenwartskünstlern wie Olafur Eliasson oder Eduardo Kac präsentiert, die Moholy-Nagys Ideen aufgreifen und so seine anhaltende Aktualität unterstreichen. Moholy-Nagy setzte sich praktisch und theoretisch mit den Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Medien und Sinnen auseinander und experimentierte intensiv mit Film und Fotografie. Rund 300 Exponate ─ von Gemälden und Skulpturen über Fotografien, Fotogramme und Grafiken bis hin zu Filmen und Bühnenentwürfen, Licht- und Geräuschinstallationen, Tasttafeln und Handskulpturen sowie Publikationen ─ geben einen multisensorischen Zugang zu Moholy-Nagys Werk. Unter den Objekten befinden sich zahlreiche internationale Leihgaben u.a. aus Privatbesitz der Tochter Hattula Moholy-Nagy oder dem Guggenheim Museum New York. Moholy-Nagys bekanntes »Lichtrequisit einer elektrischen Bühne«, mehrere Neukonstruktionen seiner nicht verwirklichten Installationen sowie die Rekonstruktion einer zerstörten Arbeit sind zu sehen. Die Ausstellung wird von einem umfangreichen Rahmenprogramm für Erwachsene, Jugendliche und Kinder begleitet. Sie ist für Blinde, Sehbeeinträchtigte sowie Rollstuhlfahrer barrierefrei. Audioguides für Kinder und Erwachsene sowie speziell für Sehbeeinträchtigte und Blinde stehen zur Verfügung. Livespeaker vermitteln den Besuchern im direkten Gespräch persönliche Zugänge zur Kunst. Die von Oliver Botar, Professor an der University of Manitoba (Kanada), kuratierte Schau ist eine Kooperation mit dem Plug In Institute of Contemporary Art, Winnipeg (Kanada) und wird vom Hauptstadtkulturfonds Berlin, der Art Mentor Foundation Lucerne, dem Salgo Trust for Education New York und der Moholy-Nagy Foundation unterstützt.

»László Moholy-Nagy war fasziniert von der urbanen Lebenswelt und den neuen Medien seiner Zeit. Gleichzeitig sah er aber auch die Notwendigkeit unter den Bedingungen der zunehmenden Wissensspezialisierung und Informationsüberflutung, die Menschen sensorisch zu schulen, um so ihrer Entfremdung von sich und ihrer Umwelt entgegenzuwirken. Diese Aufgabe schrieb er den Künstlern zu, was auch sein eigenes pädagogisches Engagement erklärt«, erläutert Dr. Annemarie Jaeggi, Direktorin des Bauhaus Archivs. Moholy-Nagy lehrte von 1923 bis 1928 am Bauhaus und ab 1937 bis zu seinem Tod 1946 in Chicago, zunächst als Direktor am New Bauhaus und ab 1939 an der School of Design, dem späteren Institute of Design.

Die aktuelle Relevanz von Moholy-Nagys Werk resümiert Gastkurator und Moholy-Nagy-Experte Oliver Botar: »Moholy-Nagys filmische und fotografische Experimente, seine Licht- und Klangkunst, seine kinetischen und multimedialen Arbeiten und partizipativen Installationen sowie seine medientheoretischen Überlegungen inspirieren Künstler und Wissenschaftler bis heute. Sein Werk ist ein fruchtbarer Ausgangspunkt, um über den Einfluss neuer Technologien bei der sinnlichen Erfahrung von Realität nachzudenken und darüber, welche Bedeutung wir diesen Innovationen in unserem Leben geben wollen.«

Die Ausstellung vermittelt Schüsselthemen in Moholy-Nagys Kunst, die eng mit der Lebensreformbewegung und biozentrischen Ansätzen der 1920er Jahre verbunden sind. Moholy-Nagy ging davon aus, dass in einer zunehmend technisierten modernen Welt nur die Integration aller menschlichen Sinne und des Intellekts die organische Entwicklung des Individuums ermögliche. Sowohl in den alten und neuen Medien, der Hoch- und Populärkultur, den Künsten und den Wissenschaften sah er hierfür Potentiale und erweiterte den Blick über die fünf Sinne des Sehens, Hörens, Fühlens, Schmeckens und Riechens hinaus auf den Bewegungs- und Tiefensinn. Neue Technologien sollten der Erweiterung der menschlichen Sinnesorgane dienen, Hierarchien in der Wahrnehmung und den Medien lehnte er ab. Kunst betrachtete Moholy-Nagy als Information und alle Medien als mögliche Mittel zur Umsetzung einer künstlerischen Idee. Zentrale Aspekte seines Werks wie Interdisziplinarität, Multimedialität und multisensorische Wahrnehmung, das Neue Sehen, Immersion und Partizipation, Transparenz, Reflektion und Bewegungen werden unter diesem Fokus näher beleuchtet.

Die Präsentation seiner Entwürfe des Kinetischen konstruktiven Systems (1922-28) verdeutlicht Moholy-Nagys Rolle als Vorreiter einer partizipatorischen und immersiven Kunst. Seine Emaille-Serie (1922-23), auch als Telefonbilder bekannt, macht seine Bedeutung als Pionier einer konzeptionellen Medienkunst deutlich, da er mit diesen Arbeiten in gewisser Weise digitale Kunstformen vorwegnahm. In Sensing the Future: László Moholy-Nagy, die Medien und die Künste werden darüber hinaus mehrere Filme Moholy-Nagys gezeigt sowie Gemälde, Fotogramme und Fotografien, in denen Licht zum Rohmaterial seiner Kunst wird. Arbeiten von Gegenwartskünstlern wie die Aromapoetry (2011) von Eduardo Kac oder Olafur Eliassons Bauhaus-Sonnenfolger (2014) setzen Moholy-Nagys Ansätze fort; andere Künstler realisierten für die Ausstellung als Hommage an den visionären Universalkünstler einige seiner unverwirklichten Konzepte, wie zum Beispiel Lancelot Coar und Patrick Harrop mit ihrem Versuch, Moholy-Nagys Idee eines mehrdimensionalen Polykinos zu verwirklichen. Es erscheint eine Publikation zur Ausstellung.

Publikation:
Oliver Botar, Sensing the Future: Moholy-Nagy, die Medien und die Künste
Lars Müller Verlag (Zürich), ca. 200 Seiten mit ca. 400 Abbildungen
Preis: 35 Euro.
 
www.bauhaus.de