Kunstfestival Ortstermin 2016 – Flucht und Identität

Am ersten Juniwochenende öffnen sich zum Ortstermin 2016 die Türen der Ateliers und eigens für das Festival organisierten Ausstellungen. Über 100 Künstlerinnen und Künstler an mehr als 70 Ausstellungsorten stellen ihre Gedanken und Ideen zum Thema Flucht und Identität zur Diskussion.

Logo-ortstermin-postBei aller Emotionalität des Themas ist ein Stück Gelassenheit in der Sache gefordert, um eine Vielzahl von neuen und vielleicht unerwarteten Betrachtungen und Ansätzen kennenzulernen. Die Künstlerinnen und Künstler laden ein und freuen sich, an vielen Orten in ganz Moabit mit den Besucher*innen zum Thema Flucht und Identität ins Gespräch zu kommen!

Die heftigen Diskussionen um das LaGeSo in Moabit sind momentan vorbei, die Balkanroute wurde geschlossen und die europäischen Länder haben sich für das Abschotten entschieden. Mittlerweile hat der Berliner Senat seine politische Verantwortung wahrgenommen und die nach wie vor unbekannten Gründe für die Missstände am LaGeSo zumindest zum Teil beseitigt. Dennoch bleibt das Thema Flucht und Geflüchtete im gelebten Alltag und in den Medien sehr aktuell. Eine neue politische Partei hat sich das Chaos des letzten Jahres zu Nutze gemacht und fährt erschreckende Wahlergebnisse ein. Viele sind schockiert darüber, dass auch wir uns nun mit einer weit rechts stehenden politischen Kraft in unseren Parlamenten auseinandersetzen müssen – ein Problem, das viele unserer europäischen Nachbarn schon lange haben.

Wie aber gehen Künstler*innen mit diesen Problemen um? Wie reagieren sie zum einen auf die Fragen von Flucht, Ausgrenzung, Rechtspopulismus, Hetze und Fremdenfeindlichkeit, wie entwickeln sie zum anderen aber vor allem Konzepte für Solidarität und Integration von Geflüchteten in unserer Gesellschaft?

Wie der Blick in das Festival-Programm zeigt (PDF hier), ist die künstlerische Perspektive auf Fragen von Flucht und Identität höchst vielfältig und erweitert den oft engen Fokus der Medien. Viele Künstler*innen haben ganz persönliche Erfahrungen mit dem Thema Flucht, die sie seit langem in ihrer künstlerischen Arbeit verhandeln. Einige arbeiten selbst mit Geflüchteten und wir erhalten erste Ergebnisse produktiver Kooperationen zwischen Künstler*innen und Neubürger*innen. Wiederum andere arbeiten aus der Distanz heraus an einer sachlichen Analyse mit künstlerischen Mitteln. Oft ist es gerade diese komplexe Beobachtungsgabe, die künstlerische Zugänge auszeichnet und neue Perspektiven auf das vermeintlich Bekannte eröffnet.

  • Öffnungszeiten:
    Samstag, den 04. Juni von 14 bis 19 Uhr
    Sonntag, den 05. Juni von 14 bis 19 Uhr
    Veranstaltungen finden teilweise auch zu festen Zeiten statt, siehe Programm (PDF hier).

superurbanvillage

Zeitgleich und in Zusammenhang mit Ortstermin eröffnet die Galerie Nord eine Ausstellung unter dem Titel superurbanvillage – 10 Kunstprojekte im öffentlichen Raum zum Thema Flucht und Identität, 03.–19. Juni 2016

Im Rahmen einer Ausschreibung wurden 10 Kunstprojekte von einer Jury für den öffentlichen Raum ausgewählt, die die Galerie Nord | Kunstverein Tiergarten unter dem verbindenden Titel superurbanvillage den Ortstermin-Besucher*innen und allen Moabiter*innen vorstellen. Mit superurbanvillage ist Moabit gemeint, das Land der Moabiter oder das Land der Geflüchteten: Zu Beginn des 18. Jahrhunderts siedelte der preußische König Friedrich Wilhelm I. hier französische Glaubensflüchtlinge an, und obwohl die geplante Seidenraupenzucht auf Maulbeerbäumen scheiterte, begann mit den Hugenotten eine erste dauerhafte und wirtschaftlich erfolgreiche Ansiedlung von Neubürger*innen in Moabit. Der Stadtteil war von Anbeginn eine Heimat für Geflüchtete und Migrant*innen und ist es noch heute.

Einige der 10 künstlerischen Positionen verhandeln nicht nur das Thema Flucht und seine Bedeutung für die Betroffenen, sondern lassen Geflüchtete selbst zu Wort kommen und machen deren persönlichen Geschichten und Erfahrungen zum Gegenstand der Kunst.

Beteiligte Künstler*innen:
Matthias Beckmann / Urte Beyer / Albert Coers / Fernando Niño-Sánchez & Margarit Lehmann / Antonia Nordmann / Silke Panknin / Ariane Pauls / Pfelder / v.o.l.a. Berlin / beate maria wörz