»Wie haben wir uns das immer Seiende, welches kein Werden zulässt, und wie das immer Werdende zu denken, welches niemals zum Sein gelangt?«1)Platons Werke; Die Platonische Kosmik; Timaios, Stuttgart 1856, S. 682
Katharina Kamphs Timaios dient als direkter Verweis auf Platon, der die erste Beschreibung der Platonischen Körper im Schöpfungsmythos Timaios niederschreibt. In dem Werk philosophieren die Protagonisten Timaios, Sokrates, Kritias und Hermokrates über den Ursprung der Welt. Timaios hält einen naturphilosophischen Vortrag in dem er darlegt wieso der Kosmos von zwei Faktoren, der Vernunft und der Notwendigkeit geprägt werden. Da Gott den Kosmos optimal erschaffen haben muss, wird die Beschaffenheit der Welt aus vier grundlegenden Elementen angenommen, deren Höchstmaß an Symmetrie – und somit Schönheit – ihre Existenz zwingend erklärt. Platon ordnet die Grundformen den Elementen zu: Tetraeder – Feuer, Oktaeder – Luft, Ikosaeder – Wasser, Hexaeder – Erde. Der Dodekaeder steht für den Kosmos selbst.
In der künstlerischen Auseinandersetzung mit den Fragen des Raumes findet Paul Schatz, deutscher Mathematiker, Künstler und Erfinder 1929 heraus, dass der Dodekaeder unterteilt werden kann in zwei Sternkörper und einen Würfelgürtel, genauer gesagt in umstülpbare Körper oder einen Kaleidozyklus. Kamphs Timaios verwendet die Kaleidozyklus Form und füllt diese mit mehreren Tetraedern. Hier schließt sich der Kreis. Platons Frage nach dem Ursprung der Welt, versetzt Kamph in den Kontext eines künstlerischen Objektes, das von Paul Schatz erdacht wurde, mit Tetraedern gefüllt wird und sich dabei für immer und ewig um sich selbst drehen kann.
Katharina Kamph beschäftigt sich in ihren Werken mit elementaren Fragen der künstlerischen Tätigkeit. Was kann Kunst und was soll Kunst? In der Aufforderung, sich sein eigenes Kunstwerk zu falten, lotet Kamph im Timaios das Verhältnis von Kunst, Autorenschaft und Urheberrecht aus. Angelehnt an den D-I-Y Gedanken, der den Glauben an sich selbst als Triebfeder aller Veränderung kultiviert, und in der Vermittlung von Techniken und Wissen die Selbstermächtigung, Selbstorganisation und Improvisation von Amateuren fördert.
Nach ihrem Diplom der Freien Kunst an der Hochschule für bildende Künste Braunschweig hat Katharina Kamph 2010 ihren Meisterschüler erlangt und ist freischaffend in Berlin tätig. Sie drückt mit ihren Werken ihr Misstrauen gegenüber etablierten Autoritäten und tradierten Vorbildern aus und lädt zur spielerischen Auseinandersetzung mit Geometrie, Philosophie und Mythologie ein. Der Prozess oszilliert zwischen Wiederholung oder Nachahmung, Aneignung und Re-mixing. Hierbei erstreckt sich ihre Arbeit auf kollaborative Prozesse, Kommunikation und die Kunst der Objekte.
http://kamph.net
Workshop
Dein Timaios falten
Samstag, 03. November 2018
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Anmerkungen
1. | ↑ | Platons Werke; Die Platonische Kosmik; Timaios, Stuttgart 1856, S. 682 |