Gemachte Menschen I: Makeover. Die Schönheit des Körpers in Kunst und Kosmetik

Seit der Antike gilt Schönheit als ein Kunstprodukt, in dem Natur weniger als gesamtheitliches Vor- und Idealbild, denn als Grundsubstanz und ‚Baukasten‘ eine Rolle spielt. Diesem Konzept einer kompositen Schönheit wohnt der Vorbehalt inne, dass das Schöne als Gesamtheit in der Natur unvollkommen vorhanden sei. Die damit angesprochene, sowohl verbessernde als auch korrigierende Arbeit am natürlichen Körper stellt ein Konzept dar, so die Ausgangsthese, das künstlerische, kosmetische wie medizinische Praktiken zusammenführt und die Techniken der Kunst in einem grundlegenden Spannungsverhältnis zu den Materialien der Natur sieht.

Mehr noch als in der Malerei und in der Bildhauerei, die mit der Ästhetisierung von Natur im 15. und 16. Jahrhundert einen Ausweis ihrer Autonomie und Vollkommenheit bezweckten, wurde in der Praxis des Schminkens, in der Gestaltung des Haares und in der jüngeren Schönheitschirurgie eine vermeintliche Mangelhaftigkeit des natürlich Gegebenen zum dauerhaften Reibungspunkt, mithin gar zum einzigen Legitimationsgrund. Zwar blieb der Anschein von Natürlichkeit hier, ebenso wie in der weiterhin auf imitatio festgelegten Kunst, als Maßstab und Ideal virulent, doch wurde die Grenze zum Sein zugleich durchlässig, sodass Schönheit buchstäblich zur zweiten Natur und der Stylist zu einem alter deus werden konnten.

Der interdisziplinär angelegte Workshop fragt nach den Normen und Techniken einer solchen ästhetisierenden Bearbeitung von Natur in den Bereichen Kunst, Kosmetik und plastischer Chirurgie hinsichtlich der Schönheit des Körpers sowie der Instrumente und Leitprinzipien ihrer Erzeugung oder Steigerung. In zwei Sitzungen spürt er den unterschiedlichen Graden des kosmetischen wie künstlerischen Umgangs mit und Eingriffs in den natürlichen Körper von der Antike bis zur Gegenwart nach, seiner oberflächlichen Aufmachung (make-up) einerseits und seiner tiefgreifenden Überarbeitung (makeover) andererseits. Besonderes Augenmerk gilt dabei den Techniken der Ästhetisierung, den Prozessen von Auswahl und Synthese ebenso wie der farblichen oder auch plastischen Modifizierung bzw. Modellierung von Körperteilen. Eine solche Fokussierung erlaubt es, auch die gewaltsame Seite des Schönheitsideals aufzuzeigen, das letztlich immer eine Veränderung von Natur, eine Zerlegung des Körpers in schöne Einzelteile sowie deren chimärenhafte Neuzsammensetzung mit sich bringt.

Der Workshop setzt sich zum Ziel, den wissenschaftlichen Austausch von Nachwuchswissenschaftler_innen und etablierten Expert_innen zu fördern und durch die Lektüre ausgewählter Quellentexte sowie die gemeinsame Diskussion von ausgesuchten Museumsobjekten vor Ort eine gemeinsame, über die individuelle Spezialisierung hinausgehende thematische Basis zu den Verschönerungstechniken des make-up und des makeover zu erarbeiten.

Organisation:

Prof. Dr. Wolf-Dietrich Löhr, Freie Universität Berlin/Kunsthistorisches Institut in Florenz, Max-Planck-Institut
Dr. Romana Sammern (Filzmoser), Universität Salzburg
Dr. des. Julia Saviello, Ludwig-Maximilians-Universität München

Gemachte Menschen II: Make-up
Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München
19. – 20. Februar 2016

Weitere Informationen:

Veranstaltungsplakat (PDF)
Programmflyer Teil I, Makeover (PDF)
 
workshop@gemachtemenschen.net
www.gemachtemenschen.net