Das runde Bild

Öffentliche Ringvorlesung der Universität Siegen im Sommersemester 2015
Konzeption und Organisation: Lehrstuhl für Kunstgeschichte  – Joseph
Imorde, Katrin Weleda, Andreas Zeising

Dass die Vorstellung vom Bild intuitiv mit seiner Rechteckform in Verbindung gebracht wird, hat eine lange Tradition. Sie reicht vom Tafelbild der Malerei bis zum Rechteck der Kinoleinwand und den Displays der elektronischen Bildschirmmedien. Dieser Implikation von »Normalität« widerspricht die Tatsache, dass es zahlreiche Felder und Anwendungsbereiche gab und gibt, auf denen die Geometrie des Kreises bildbestimmend ist. So kennt die Kunstgeschichte das Rundformat des »Tondo«, das auch in der künstlerischen Moderne vielfach wieder aufgegriffen wurde.

In technischen und wissenschaftlichen Kontexten wiederum fungiert das runde Bild häufig als Indikator einer apparativ gelenkten Optik und verdeutlicht den Vorgang des Sehens als nahtloser Verbindung zwischen bildlicher Repräsentation und Betrachterauge. Induziert die Geometrie des Runden einerseits Vorstellungen einer abgeschlossenen »kleine Welt«, so ist sie andererseits hochgradig symbolisch besetzt. Sie vermittelt Ideen von Vollkommenheit und Harmonie, Kreislauf und Wiederkehr. Die Bandbreite reicht dabei vom christlich-theologischen »Weltbild« über Repräsentationen des Universums und des Firmaments bis zu wissenschaftlicher Diagrammatik, politischer Metaphorik und allen erdenklichen Kontexten der Bilddidaktik.

Im Sinne eines bildwissenschaftlichen Zugangs will die Vorlesung versuchen, das runde Bild unter multiplen Aspekten der Kunst- und Mediengeschichte interdisziplinär zu beleuchten.

Universität Siegen
Aldof-Reichwein-Straße 2
57076 Siegen
mittwochs, 12-14 Uhr
AR-D 5105 (»Gelber Hörsaal«)

Programm

APRIL
15.04.

Prof. Dr. Joseph Imorde (Siegen)
Der »runde« Leib Christi. Zur Formierung der Eucharistie

22.04.

PD Dr. Jörg Trempler (Berlin)
Weltbilder im Mittelalter

29.04.

Dr. Thomas Lentes (Münster)
Rund denken oder: Wie die Form das Denken bestimmt im Mittelalter

MAI
06.05.

Dr. Heiner Stahl (Siegen)
Die Rundfunksäule. Vom Zuhören in 360 Grad-Konstellationen

13.05.

Dr. Birgit Blass-Simmen (Berlin)
Facebook in der Renaissance: Die Medaille als runde Gabe

20.05.

Prof. Dr. Gunnar Schmidt (Trier)
Globus oculi. Augen und Blicke in der Medien- und Installationskunst
der Gegenwart

27.05.

Kristin Schrader M.A. (Braunschweig)
Hundert ist eine runde Zahl. Zirkuläre Praktiken bei Roni Horn

JUNI
03.06.

Dr. Sabine Planka (Siegen)
»…der tote Punkt wird zum lebenden Wesen«: Punkte in der Kunst und im
Filmvorspann der 1960er Jahre

10.06.

Dr. Christoph Ernst (Siegen)
Kreise und Linien – Zur Diagrammatik des Runden

17.06.

Dr. des. Daniela Fleiß (Siegen)
Das Fernglas und die bürgerlichen Sehgewohnheiten im 19. Jahrhundert

24.06.

Katrin Weleda M.A. (Siegen)
Das Loch als intermediales Phänomen

Dr. Andreas Zeising (Siegen)
Spiegel und Brunnen der Seele. Der Tondo im Symbolismus um 1900

JULI
01.07.

Jaya Remond, Ph.D. (Berlin)
Through the peephole: The erotics of viewing

08.07.

Prof. Dr. Lisa Gotto (Köln)
Wandern im Runden. Rotation und Immersion in Björks 3D-Clip »Wanderlust«

15.07.

Prof. Dr. Robin Curtis (Düsseldorf)
Immersion und Planetarium