Die Malerei des US-amerikanischen Künstlers Terry Winters (*1949) beschäftigt sich mit der Beschreibung von Natur im weiteren Sinn: »The job of painting was to create a new object of nature, and that’s still the job description.« In seiner Malerei nutzt er abstrakte Prozesse, um Bilder einer realen Welt zu schaffen. Dabei interessiert ihn die Fähigkeit des Ölbildes, Immateriellem einen Körper zu geben. In den Papierarbeiten fokussiert Winters seine Intentionen in kleinen Formaten, die eine Art Datenbank oder ein Form-Vokabular bilden, aus dem heraus sich zugleich die Malerei entwickelt.
In der Ausstellung Das Kabinett des Malers widmet sich Terry Winters den Korrespondenzen zwischen Kunst und Wissenschaft im Museum. Die moderne Wissenschaft und die westliche Kunst stehen seit dem Beginn der Neuzeit in einem sehr eigenwilligen Dialog, der einen Spannungsbogen von besonders fruchtbarer Erkenntnis spannt. Beide sind eigentlich ohne einander nicht zu denken, so weit entfernt voneinander sie gelegentlich erscheinen. Genau wie die Wissenschaft will auch die Kunst die Welt und die ihr zugrunde liegende Ordnung darstellen, auch wenn sie sich dabei über die Kategorien von Wissenszugehörigkeiten hinwegsetzt.
Gerade in den letzten Jahren gab es immer wieder starke Verweise auf ein gegenseitiges Interesse und Korrelationen im Zugang zum Verständnis von Welt. Auch war es in den letzten Jahren immer wieder das Museum, das sich als Ort solcher Begegnungen und Dialoge anbot. Gerade in einem innovativen Ausstellungshaus im Kontext eines Museums mit großer Tradition, wie wir es mit dem Kunsthaus Graz im Verbund des Universalmuseums Joanneum antreffen, hatten solche Konstellationen immer eine große Qualität.
In der Gruppenausstellung Die Vermessung der Welt. Heterotopien und Wissensräume in der Kunst (2011) anlässlich des 200-jährigen Bestehens des Joanneums wurden künstlerische Positionen in Hinblick auf die oben angesprochenen Fragen unter ganz spezifischen Aspekten ausgewählt und ausgestellt. Terry Winters war mit zwei großen Zyklen bei diesem Überblick vertreten. In seiner Serie Local Group (90 Drawings Including Title Page), 2004, konnten wir seine Kunst bewundern, Strukturen Bilder zu geben, die in ihrer Episteme durchaus kosmologische Dimensionen aufweisen.
Terry Winters’ Einzelausstellung im Kunsthaus Graz setzt diesen Ansatz fort und widmet sich der tieferen Erkundung des komplexen Werks dieses Künstlers. Es ist der Versuch, absolute, gleichsam abstrakte Malerei auf eine konkrete Welt zurück zu verweisen und im selben Zug das Ringen um Bilder um weitere Dimensionen zu ergänzen oder, um es mit Malewitsch auszudrücken, eine nicht objektive Welt mit den entsprechenden Objekten zu bereichern. Bei der Methode, der sich die Ausstellung bedient, wird nämlich bald klar, wie sehr Sprache und Bilder Systeme darstellen, die nicht kongruent sind – ein Gemeinplatz der Erkenntnis, der nicht oft genug hervorgehoben werden kann. Dieses Spannungsfeld ist für Winters auch ein Ort, der als Motor von schöpferischer Energie zu sehen ist. Es ist ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Strang der Moderne in ihrem Bemühen, der Welt gültige Bilder von Wissen und den Kräften der Erkenntnis zu geben.
In einer installativen Anordnung von eigenen Arbeiten und Exponaten aus den naturkundlichen Sammlungen des Universalmuseums Joanneum macht Terry Winters eine Vernetzung von Objekten und Disziplinen sichtbar und erzählt von der Durchdringung der Wissensfelder. Die Ausstellung wird dabei zum großen Laborversuch bildlicher Erkenntnis und lässt uns erfahren, was Malerei heute noch substanziell dazu beitragen kann – in einer Form, die ganz einfache menschliche Erkenntnis mit den durchaus spirituellen Erfahrungen der Kunst zu verbinden versteht.
Kuratiert von Peter Pakesch
- Universalmuseum Joanneum
Mariahilferstraße 4, 8020 Graz, Austria - Öffnungszeiten: Di–So 10–17 Uhr
- www.museum-joanneum.at