Bodenlos – Vilém Flusser und die Künste

Ins Universum der technischen Bilder, Lob der Oberflächlichkeit oder Für eine Philosophie der Fotografie – mit solchen programmatischen Titeln avancierte Vilém Flusser (1920–1991) zu einem der einflussreichsten Denker der Kommunikation und der Medien in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Im positiven Sinn nahm er die Herausforderung an, die Künste noch einmal neu zu denken, in Anbetracht der Tatsache, dass unsere Existenz im Wesentlichen technisch geworden ist.

Matthias Müller, Vacancy, 1998/2000, Still, © Courtesy of Matthias Müller & Campagne Première, Berlin

Matthias Müller, Vacancy, 1998/2000, Still, © Courtesy of Matthias Müller & Campagne Première, Berlin

Flussers Denken und Schreiben war ein permanentes Experiment des (Über-)Lebens in der Diaspora. Als Neunzehnjähriger floh der Prager vor den anrückenden Nazis über England nach Brasilien, wo er dreißig Jahre lang lebte. Während der Militärdiktatur kehrte er zurück nach Europa, lebte in Italien, in der Schweiz sowie fast zwanzig Jahre in Frankreich. Ende der 1980er Jahre wurde er zum Star der Medientheorie in Europa und trat als solcher häufig in den akademischen Foren und Arenen Deutschlands auf.

Der unwirklich gewordenen Vergangenheit begegnete Flusser mit einer verstärkten Antizipation dessen, was den Beginn des 21. Jahrhunderts ausmacht – vermittels der Künste und seines Schreibens. In der Ausstellung sind neben den Manuskripten, Bild- und Tondokumenten, digitalen Artefakten, Reiseaufzeichnungen und Korrespondenzen auch Arbeiten von rund 40 Künstler*innen zu sehen, auf die Flusser Bezug nimmt und die mit ihm korrespondiert oder zusammengearbeitet haben, wie Louis Bec und Fred Forest.

In Berlin ist Bodenlos Teil eines Dreiklangs aus Ausstellungen der Akademie der Künste, die wesentlich aus Archiven heraus entwickelt wurden: der medienaffine Flusser wird parallel zum textobsessiven Arno Schmidt (seit 23.09.) und dem Performance- und Bildkünstler Terry Fox (ab 06.11.) gezeigt, die allesamt biografische Überschneidungen aufweisen.

Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, 10557 Berlin
Geöffnet: Di – So, 11:00 – 19:00 Uhr
www.adk.de