Blumen und Pflanzen bezaubern mit ihrer vergänglichen Naturschönheit seit jeher die Menschen. Akribisch beschreiben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Eigenschaften der Flora und halten ihre Merkmale dauerhaft zeichnerisch fest. Kunstschaffende und Gestalter lassen sich von ihren Formen und Farben inspirieren und sorgen dafür, dass sich der Bildergarten stetig erweitert.
Die Ausstellung Bildergarten. Von der Naturillustration zum Design, eine Zusammenarbeit mit der Abteilung Scientific Visualization der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), beleuchtet die Geschichte der botanischen Illustration und ihrer Anwendungsbereiche bis in die unmittelbare Gegenwart. Seit der frühen Neuzeit übt die Pflanzenwelt eine grosse Faszination aus, sie wird systematisch klassifiziert und wissenschaftlich untersucht. Zahlreiche – darunter einige der bedeutendsten – Pflanzenbücher und Originalaquarelle von 1529 bis um 1900 lassen die spezifischen Erkenntnisse und die Begeisterung der jeweiligen Zeit nachvollziehen.
Ausgangspunkt für die aktuelle Ausstellung im NMB Neues Museum Biel sind zwei umfangreiche, für die Schweiz wichtige Konvolute von Pflanzendarstellungen. Erstmals werden die wissenschaftlichen Aquarelle und Lithografien Jonas David Labrams für die Publikation Sammlung von Schweizer Pflanzen nach der Natur (erschienen 1824 – 1836) und jene von Paul-André Robert (entstanden 1918 – 1930) in einen Zusammenhang mit anderen botanischen Werken gestellt.
Der Reiz floraler Naturillustration strahlte in der Folge auf andere Bereiche aus. So lösten sich im 15. Jahrhundert in der Kunst die Pflanzen von ihrer Bestimmung als dekoratives Beiwerk und wurden selbst Bildgegenstand. Vor allem im Jugendstil um 1900 waren Blumenornamente ein zentrales Gestaltungselement der bildnerischen Künste. Mit ihrer Formensprache her auf der Höhe der Zeit, waren auch die Pflanzenbücher Philippe Roberts sowohl als Nachschlagewerke wie auch als Vorlagensammlungen für Kunstschaffende konzipiert. Die Gegenüberstellung mit Werken von Eugène Grasset, mit der Mode des Jugendstils und kunsthandwerklichen Erzeugnissen wie Emile Gallés Vasen bezeugt den Zauber der Naturillustration über alle Gattungsgrenzen hinweg. Gartendarstellungen und Stillleben der Jahrhundertwende, etwa von Ferdinand Hodler, Cuno Amiet oder Giovanni Giacometti, eröffnen den Blick auf ein neues botanisches Interesse in Kunst und Alltag.
Wie zeigt sich die botanische Illustration heute und wie gestaltet sich ihre digitale Zukunft? Die Arbeiten der Abteilung Scientific Visualization der ZHdK veranschaulichen, wie wissenschaft-liches Zeichnen derzeit gelehrt und angewendet wird. Zudem präsentieren Studentinnen der Abteilung Textildesign der Hochschule Luzern Entwürfe für Stoffe, in denen Pflanzen die Grundlage für neue Kreationen bilden. Dass botanische Forschung auch heute Kunstschaffende zu neuen Arbeiten anregt, ist anhand einiger zeitgenössischer Positionen zu sehen, die in einem stetig wachsenden Bildergarten neue Akzente setzen.
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