Die aktuelle Ausstellung der Tchoban Foundation im Museum für Architekturzeichnung ist der Entwicklung der Architekturdarstellung im 20. und 21. Jahrhundert in den USA gewidmet und präsentiert handgezeichnete Welten von herausragenden Architekten und Architekturzeichnern.
In den USA ist die Kunst der Architekturdarstellung gerade zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer hohen Eigenständigkeit und Perfektion gelangt, die die Werke amerikanischer Architekturzeichner bis heute ausmachen. Die Ausstellung zeigt die Vielfalt der Darstellungstechniken führender amerikanischer Architekturzeichner, zu sehen sind Wettbewerbsbeiträge und Zeichnungen realisierter Projekte, wie auch zahlreiche Architekturfantasien. Gezeigt werden nicht nur Arbeiten berühmter Architekturdenker, wie Werke von Frank Lloyd Wright (1867–1959) aus seiner früheren (um 1910) und späten Schaffensperiode (um 1950), von Richard Neutra (1892–1970) und Lebbeus Woods (1940–2012), sondern auch Meisterwerke professioneller Architekturzeichner, insbesondere von Hugh Ferriss (1889–1962), der mittlerweile für seine unverkennbaren Zeichnungen auch in Europa geschätzt ist, und von Achilles Rizzoli (1896–1981), dessen herausragende Fantasien aus den 1930er Jahren erst nach seinem Tod zu einer Entdeckung wurden.
Die Ausstellung zeigt, welchen Einfluss der zeichnerische Stil auf die Gestaltwerdung von architektonischen Ideen hat, und veranschaulicht die Rolle, die dem künstlerischen Ausdruck der Architekturpräsentation zukommt. So sind bei Hugh Ferriss Zusammenhänge zwischen seinen Fantasien, den Stadtlandschaften von New York und den Auftragsarbeiten, die er als gefragter Zeichner für andere Architekten gefertigt hat, erkennbar. Es ist spannend zu beobachten, wie sich der in den Hochhausfantasien – bekannt vor allem durch das 1929 erschienene Buch The Metropolis of Tomorrow – entwickelte und sofort wiedererkennbare Zeichenstil in den Auftragsarbeiten wiederfindet. In Frank Lloyd Wrights früher Federzeichnung ist dagegen der Einfluss der japanischen Baukunst sowie japanischer Farbholzschnitte erkennbar, die nicht nur Wrights Art der Darstellung, sondern auch seine Architektur selbst geprägt haben. Auch in Lebbeus Woods‘ Schaffen ist zu sehen, wie die nicht enden wollenden auslaufenden Linien aus seinen Zeichnungen in die Formen seiner Konstruktion übergehen.
In den 1980er und 1990er Jahren und bis zum heutigen Tag spielt die Architekturillustration in den Vereinigten Staaten eine besondere Rolle: In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre gründeten führende Architekturzeichner die American Society of Architectural Perspectivists (heute American Society of Architectural Illustrators ASAI). Diese weltweit einmalige Organisation vereinigt nicht nur die Architekturzeichner der Vereinigten Staaten, sondern ist auch für ausländische Mitglieder offen. Die Society schreibt jährlich den Hugh-Ferriss-Preis für Architekturzeichnung mit anschließender Ausstellung der besten eingereichten Arbeiten aus den USA und der ganzen Welt aus. Zum ersten Mal wurden diese Arbeiten in Europa 1994 in der Berliner Galerie Aedes am Savignyplatz gezeigt. Nun stellt die Tchoban Foundation die Werke herausragender zeitgenössischer Architekturzeichner aus, darunter die der Hugh-Ferriss-Preisträger Thomas Schaller, Paul Stevenson Oles und Gilbert Gorski. Zu sehen sind aber auch Arbeiten von Richard Ferrier, Steven Quevedo, James Wines, Scott Tulay, Gary Schuberth und Michael Sorkin, die ebenso für ihre unverwechselbare Handschrift über die Grenzen der USA hinaus bekannt sind.
Die gezeigten Werke stammen aus Privatsammlungen und den Archiven der Künstler.
Idee und Konzept der Ausstellung
Sergei Tchoban, Gründer der gleichnamigen Stiftung und des Museums für Architekturzeichnung und Mitglied der American Society of Architectural Illustrators ASAI. Seine Architekturzeichnungen wurden mit vielen internationalen Preisen ausgezeichnet. Neben seiner zeichnerischen Praxis ist Sergei Tchoban als Architekt mit Büros in Berlin und Moskau tätig.